ein Bericht von Konrad Langer
Sail away, you can fly, on this wings of freedom you can reach the sky...
Mit einem eisgekühltem Bier, von milden Winden getragen, die wogenden Weltmeere genießen – das Bild, das uns die Werbung vom Alltag auf einem Segelboot vermittelt, erinnert oft eher an einen munteren Herrentagsausflug, als an harte Arbeit. Die Realität zeigt: Es kann beides sein!
Der Tag als Crewmitglied auf einer Charteryacht oder einem Ausflugsboot startet häufig schon bei Sonnenaufgang. Während die meisten Passagiere noch sanft in ihren Kojen schlummern, heißt es für die Mitarbeiter das Frühstück und auch Lunchpakete vorbereiten, denn tagsüber auf hoher See den Kochlöffel zu schwingen ist nicht nur unbequem, sondern häufig auch gefährlich.
Selbst wenn die meisten Yachten in ihren Küchen wippend eingebaute Herdplatten zu ihrem Interieur zählen, möchte man bei Wellengang keine Speisen aus der dampfenden Pfanne auf kleine Teller jonglieren müssen. Deshalb werden meist schon an Land oder an festen Ankerplätzen unkomplizierte Gerichte für den Tag vorbereitet. Das bisschen Haushalt macht sich dann trotz Wellengang wirklich von allein.
Auf Deck hingegen hilft jede Hand, beinahe rund um die Uhr. Ab- und Anlegen, Segel setzen, Manövrieren, Navigieren, Ankern, Ausschau halten, das Beiboot fahren, Seile verknoten oder ab und an dem Skipper zur Hand gehen sind Tätigkeiten, die auf einem Segelboot schlichtweg bei jedem Wetter, bei jeder Laune und bei jedem noch so großen Kater vom Vorabend erledigt werden müssen.
Ein Crew-Mitglied verlässt sich dabei auf die Anderen. Wer sich nicht als Teamworker fühlt, sollte besser einen anderen Job probieren.
Ebenso verhält es sich mit Autoritäten. Der Skipper hat bei Seegang das uneingeschränkte Kommando. Er trägt die Verantwortung sowohl für eine teure Yacht als auch die Gesundheit seiner Besatzung. Dabei kann es manchmal laut und hektisch zugehen, wichtig ist, man sollte nie etwas persönlich nehmen. Wenn man also ernstere Probleme mit einem zeitweilig rauen Umgangston verspürt, sollte man möglicherweise doch nach Arbeits-Alternativen suchen.
Auf dem Boot wird Englisch gesprochen. Wenn der Skipper einmal aufgeregt „Tackle" oder „Lock it on the winge" ruft, sollte man nicht erst nach seinem Wörterbuch suchen.
Je nachdem, wie viele Gäste sich auf dem Boot befinden, organisieren Crew-Mitglieder häufig auch Landgänge, sind Kummerkasten und Entertainer in Personalunion. Selbst wenn ein Gast noch so nervenaufreibend ist, kann man ihn nicht einfach bei einem Landausflug am Steg vergessen. Als Crew-Mitglied stellt man sich darauf ein, über mehrere Tage oder Wochen mit denselben Menschen auf engstem Raum zu verbringen. Das heißt, seine eigenen Befindlichkeiten müssen ein Stück weit zurückgestellt und andere Persönlichkeiten respektiert werden.
Und doch ist das Segeln ein Erlebnis, das nach Seinesgleichen sucht.
Die Nähe zu Wind, Sonne und Meer, die Naturgewalt von Wellen und Gezeiten, das Gemeinschaftsgefühl ein Haus auf dem Wasser mit Gleichgesinnten zu teilen, die zeitweise Abgeschiedenheit und Autarkie und nicht zuletzt eine komplett ungewöhnliche Perspektive auf das Leben an Land, machen die Arbeit als Mitglied einer Segel-Crew unvergesslich. Dabei gehen Seefahrerromantik, Fernweh und Entdeckergeist selbst bei Wind und Wetter nicht über Bord.
Ein international anerkanntes Sailing-Crew-Certificate zu machen lohnt sich also für all diejenigen, denen nicht beim kleinsten Schaukeln übel wird, die sich auch nicht zu schade sind, den Putzlappen zu schwingen und die sich darüber hinaus bewusst sind für eine Weile am selben Platz zu wohnen und zu arbeiten, ohne jeden Abend ihren Facebook- Account checken zu können.
Geboten bekommt man neben der Möglichkeit, mit einer wachsenden Leidenschaft Geld zu verdienen, das Gefühl urtümlicher Freiheit und Unabhängigkeit. Segeln macht süchtig und ist eine abwechslungsreiche Beschäftigung für Abenteuerlustige, die auch Anpacken können.
Wenn in einer einsamen Bucht nach einem aufregendem Segeltag das abendliche Barbecue ruft, die Angelrute im Wasser zappelt und die glutrote Sonne gemächlich am Horizont verschwindet, fühlt man sich dann doch recht unfreiwillig an die verführerischen Worte aus der Werbung erinnert.
Bleibt noch eine Frage.
Wie viel kann ich denn als qualifiziertes Crew-Mitglied wirklich verdienen?
Pauschal lässt sich dies nicht beantworten. Das Einkommen, welches man an Bord einer privaten oder kommerziellen Charteryacht verdient hängt davon ab, in welcher Region auf der Welt man tätig sein möchte, wie groß die Boote sind und welche Arbeiten man zusätzlich übernimmt. Einen guten Überblick über die durchschnittlichen Einkommen von Crew-Mitgliedern findet man unter folgendem Link crewpacific.com.au
Manch einem mag es später auch reichen, eine Weile für Kost und Logis auf einem kleinen Boot zu arbeiten und zu reisen, ein anderer möchte vielleicht seine Karriere als Seefahrer weiter vorantreiben und sieht ein Crew Certificate als Grundstein für seinen Segelschein oder ein Schiffahrtsstudium. Es hängt also auch von den individuellen Motivationen ab, wie man sein erlerntes Wissen später einsetzt.
Jobs auf Segelyachten findet man entweder über das Internet, indem man Anbieter direkt anschreibt oder seine Arbeitskraft auf Plattformen anbietet. Man kann aber auch in Marinas und Häfen nach Ausschreibungen suchen oder spricht vor Ort mit Yachtbesitzern und Skippern.