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Arbeiten auf einer Orangenplantage

Erfahrungsberichte zu Jobmöglichkeiten in Australien

Stefanie schreibt über ihre Erfahrungen beim Orangenpacken

Reportage von Stefanie George

 

Erntekalender

 

Unangenehme Hitze, direkte Sonneneinstrahlung, hässliche Tierchen und einseitige Körperhaltung – das ist Fruitpicking.

Man hört so viel darüber, aber den optimalen Fruitpicking-Job gibt es wohl nicht. Ich denke da an Geschichten von Backpackern über hautverätzende Flüssigkeiten bei der Mangoernte, Spinnen auf der Bananenplantage, zerkratzte Unterarme beim Orangenpflücken durch verästelte Bäume und Rückenschmerzen von der Kürbisernte. Das Fruitpicker-Leben ist manchmal wie eine saure Orange!

Aufschieben geht nicht mehr - der Start in die Farmarbeit

Nun sollte es auch für mich an der Zeit sein. Nach einigen Monaten in Australien musste die Reisekasse aufgebessert werden, und zudem freute ich mich auf einen routinierten Tagesablauf. Zu der Zeit befand ich mich in Adelaide und wollte ungern für einen Job an das andere Ende des Kontinents fliegen. Es sollte doch wohl genug Farmarbeit landeinwärts von Adelaide geben!?

Als meine erste Quelle durchstöberte ich das Internet. Dort sah es mit Erntejob-Anzeigen mager aus. Vermittlungsagenturen haben diese Lücke erkannt und zocken arbeitswillige, verzweifelte Backpacker mit hohen Provisionen ab.

Irgendwo musste ich anfangen und machte mir die Mühe, systematisch Hostels im Hinterland von Adelaide abzutelefonieren. Parallel dazu studierte ich den Erntekalender und das gesammelte Infomaterial. Einige Hostels konnten mir zwar nicht erfreuliche, aber dafür ehrliche und hilfreiche Informationen geben oder mich sogar weiter verweisen. Ich fokussierte mich auf ein Hostel, das Arbeit in den kommenden Wochen versprach, wenn die Orangen reif seien. Orangen sollten es also werden. Gut.

Und ich sag noch zu mir: Das ist total dumm, was du da machst!

Als der Kleinbus von Adelaide in einem kleinen Städtchen in der Region Riverland (200 km nördlich von Adelaide) einrollte, stieg ich alles andere als jauchzend aus. Ich wusste, dass ich ein schäbiges Hostel vorfinden würde und war von der Entscheidung, hierher zukommen, nicht 100%ig überzeugt, aber meine Alternativen waren gleich schlecht.

Im Hostel fielen mir die verkratzten Unterarme, zerstochenen Beine und löchrigen Hemden der Backpacker auf. Das kommt von der Orangenernte? Echt jetzt? Ich wurde aufgeklärt, wie es hier abläuft: Das Hostel ist ein sogenanntes Working Hostel, das Arbeit an verschiedene Farmen vermittelt. Die Orangensaison hatte gerade erst begonnen und gepflückt wurde daher nur an zwei oder drei Tagen in der Woche. Sind die Orangen erst einmal gepflückt, sollen sie auch in Netze und Kartons verpackt werden. Diese Jobs waren begehrt, da sie nach Stunden bezahlt wurden und nicht nach Einheiten.

 

Orangenpacken© Foto: Stefanie George/comfortzoneless

 

Die Bewerbungsphase für einen Job als Orangenverpacker/in in der Packhalle unweit vom Hostel hatte bereits begonnen. Diese Arbeit klang für mich weitaus attraktiver, als das zähe Pflücken. Ich reichte meine Bewerbung mit einem Motivationsschreiben ein. Um mich für die Arbeit als Organgenverpackerin zu qualifizieren, wurde ich zu einigen Gespräch eingeladen. Darauf folgte ein Einführungsseminar, bei dem wir Punkte des Arbeitsvertrags wie Arbeitszeiten, Bezahlung, Fehlen bei Krankheit und Kündigung durchsprachen.

Bevor es an die erste bezahlte Arbeitsstunde ging, fanden zwei weitere Vorbereitungsseminare statt. Wir lernten, welche Orangen verpackt werden dürfen und welche wir aussortieren müssen. Diese werden später zu Saft verarbeitet. Es wurde uns auch gezeigt, welche Packmuster es gibt und wir übten die richtige Packtechnik. Die ist wichtig, denn wir sollten wie Roboter funktionieren. Nur wussten wir das zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Bis hierhin war das Umfeld harmonisch und jeder freute sich auf den ersten Arbeitstag und damit den ersten Lohn.

Das Runde muss ins Eckige

Viel Abwechslung gab es nicht. Aber ab und zu packten wir auch Mandarinen, Zitronen oder Grapefruits. Die Früchte rollten auf einem Band zu der jeweils packenden Person, mussten zügig gegriffen, nach Mängeln an der Oberfläche geprüft, zu einer Qualitätsstufe zugeordnet und schließlich in einen Karton verpackt werden. Je nach Größe und Art der Frucht wurde in verschiedenen Packmustern sortiert. Zitronen waren mein Favorit. Durch die ovale Form musste man sie im 45°-Winkel in die Box einordnen. Das Packmuster schrieb z.B. vor, sechs Stück in die untere Reihe zu legen, gefolgt von fünf Stück in die darauffolgende Reihe. Dabei ordnet man sie versetzt an. Sie passen genau in die Lücken. Nach sieben Reihen ist der Boden des Kartons bedeckt. Das ist die erste Lage. Es folgen vier weitere bis knapp unter dem Rand des Kartons. Die Box wird geschlossen und erhält einen Barcodeaufkleber, sodass sie verfolgt werden kann und den richtigen Besteller erreicht. Zitronen kamen seltener vor, dafür schätzte ich die kreative Phase des Packens sehr, das sonst sehr eintönig verlief.

Die Arbeit war sehr chaotisch und unorganisiert. Ich hatte den einen oder anderen Tiefpunkt, an dem ich zu gern meine Orangenbox ausgekippt und mit gehobenem Mittelfinger die Halle verlassen hätte. Grund war der würdelose Umgang mit uns Backpackern und die eintönige Tätigkeit. Wir sollten Roboter sein – schnell arbeiten, uns keine Fehler erlauben und möglichst nie nachfragen. Einfach nur tun. Schnell.
Lange Arbeitstage von 13-14 Stunden waren in der Hauptsaison keine Seltenheit. Arbeitsbeginn war um 7 Uhr  morgens, wenn alles glatt lief. Zu oft verzögerte es sich um eine halbe bis eine Stunde, weil die Maschine noch eingestellt werden musste, Früchte noch nicht geliefert wurden oder Verpackungsmaterial nicht an Ort und Stelle waren.

Gingen plötzlich wie aus heiterem Himmel die Verpackungskisten aus oder die Maschine kaputt, hieß das unbezahltes und ungewisses Warten. Ich erinnere mich an einen Tag, an dem die Sortiermaschine einen Aussetzer hatte und ich nach langem Warten in einem ruhigen Eck auf einer Palette einschlief. Tief und fest, sodass ich nicht mitbekam, als sie wieder funktionsfähig war. Eine Kollegin musste mich wecken. Ich wünschte, sie wäre nie gekommen.

 

Mandarinen© Foto: Stefanie George/comfortzoneless

 

Unsere Arbeit hing davon ab, wie viele Orangen an den Vortagen gepflückt werden konnten, was wiederum wetterabhängig war. Das Arbeitsvolumen konnte sich schlagartig ändern. Niemand gab Bescheid, wie lange wir ungefähr arbeiten müssten. Wenn die Klingel erklang, war Feierabend.

Ich erinnere mich an einen Tag, als um 21 Uhr noch einmal die Pausenklingel läutete. Ich musste den Kollegen, der die Klingel betätigte, dreimal fragen, ob das ein Spaß sei. Dreimal blieb er ernst und schüttelte den Kopf. Kurz vor Mitternacht habe ich in dieser Nacht die Halle verlassen.

Wo WORK aufhört und TRAVEL beginnt

Alle saßen im gleichen Boot. Auf der Farm übernahm jeden Tag eine Kollegin die Rolle einer munteren und energiegeladen Packerin, die die andere wie auf Droge mit einer „Was-soll´s-es-gibt-Schlimmeres-denk-ans-Geld-Einstellung“ mit Motivationsschüben wieder vom Boden aufkratzte – hin und wieder war ich das auch mal. Das Gefühl, dass ich jederzeit hätte gehen können, behielt mich doch immer noch einen Tag mehr auf der Farm. Und am Ende waren es vier Monate. Vier Monate, die ich als Work & Travellerin in Australien nicht hätte missen wollen. Vier Monate, die mein Jahr in Australien rund gemacht haben und in denen ich viel über die australische Mentalität erfuhr.

Während meiner eintönigen Arbeit träumte ich oft vom Reisen und bastelte mir im Kopf eine Route durchs Outback zusammen. Andere Backpacker, mit denen ich zusammen arbeitete, träumten von Indien oder Fiji. Ich wusste sehr genau, für was ich arbeitete und dass ich jeden einzelnen australischen Dollar, der mich die Farmarbeit bereicherte, ins Reisen investieren werde. Mehr Arbeit = länger reisen. Rückblickend nimmt die Arbeit auf der Farm einen entscheidenden Teil meines Work&Travel-Abenteuers ein – eine Erfahrung, um die ich froh bin, gemacht zu haben.

Die Bezahlung

Mein Stundenlohn betrug 21 AU$ und er wurde mir im 2-Wochen-Rhythmus auf mein australischen Konto überwiesen. Eigentlich arbeitete ich 40 Stunden pro Wochen, aber Überstunden waren keine Seltenheit. Diese wurden allerdings höher versteuert, dass heißt ich bezahlte prozentual mehr Steuern, wenn ich über die 40 Stunden pro Woche hinaus kam.

Im Vergleich zu anderen Farmjobs, wie beispielsweise das Orangenpflücken, war das Orangenpacken zum einen sehr gut bezahlt und zum anderen war ein hohes Arbeitsvolumen da. In der Hauptsaison arbeiteten wir weit über die 40h/Woche hinaus und so ließ sich in kurzer Zeit gutes Geld anhäufen. Wir hatten verschiedene Lieferanten und immer Früchte zum Packen vorrätig.
Beim Pflücken ist man auf das Wetter angewiesen. Bei Regen, Nässe oder Kälte in der Nacht (der Winter in Australien kann sehr kühl werden) kann nicht gepflückt werden. Backpacker aus meinem Hostel pflückten nur vier bis sechs Stunden am Tag, sechs Tage die Woche.

Pflücker wurden pro "bin" bezahlt. Ein "bin" ist ein würfelartiges großes Behältnis - eine Art Tonne. Ich kann leider nicht sagen, wie lange es für einen Anfänger dauert, eine solche Tonne zu füllen. Diese Tonnen wurden von den Orangenfarmen auf LKWs übereinander gestapelt und zu den Packhallen transportiert.


© Fotos: Stefanie George/comfortzoneless

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